Was ist NaMoLi 2?
Das Projekt „Nachhaltige Mobilität Lincoln 2 – Implementierung innovativer nachhaltiger Mobilitätskonzepte in Neubausiedlungen und Konversionsflächen am Beispiel der Lincoln-Siedlung in Darmstadt“ (NaMoLi 2) ist ein Förderprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „MobilitätsWerkStadt 2025“ und stellt das Folgeprojekt von NaMoLi 1 dar.


FKZ: 01UV2130A
Wer ist beteiligt?
Das Projekt wird in Kooperation zwischen der Wissenschaftsstadt Darmstadt, Mobilitätsamt (Federführung) – unterstützt durch das Büro StetePlanung – , der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Humangeographie, das die wissenschaftliche Begleitung koordiniert, und der ILS Research gGmbH, Forschungsgruppe „Mobilität und Raum“ durchgeführt.
Eine mögliche Übertragbarkeit des Mobilitätskonzeptes der Lincoln-Siedlung auf weitere Quartiere – auch außerhalb von Darmstadt – findet in Kooperation mit den Städten Bielefeld und Köln statt.
Das Projekt läuft vom 01.09.2021 bis zum 31.08.2024.
Was soll erreicht werden?
Das Projekt begleitet die Umsetzung des nachhaltigen Mobilitätskonzeptes der Lincoln-Siedlung und soll auftretende Unabsehbarkeiten und Hemmnisse im weiteren Entwicklungsprozess identifizieren und Möglichkeiten aufzeigen, diese zu überwinden. In der bisherigen Bezugsphase des Quartiers sind bereits Interessenskonflikte aufgetreten, die es gilt, im weiteren Umsetzungsprozess mit den Zielen des nachhaltigen Mobilitätskonzeptes in Einklang zu bringen, sodass ein multimodales, d.h. durch die Nutzung verschiedener Verkehrsmittel charakterisiertes, nachhaltiges Quartier mit hoher Aufenthaltsqualität geschaffen werden kann. Hierfür müssen die Bedürfnisse aller Beteiligten ausreichend beachtet und die Vorteile des Mobilitätskonzeptes in der Praxis sicht- und erlebbar werden.
Es werden sowohl für die Planung und Umsetzung als auch für die wissenschaftliche Perspektive relevante Fragestellungen verfolgt, die eng miteinander verknüpft sind:
- Wie können das Mobilitätskonzept und das Mobilitätsmanagement fortlaufend an die vielfältigen Bedürfnisse der neu hinzuziehenden Bevölkerung und die sich verändernden Begebenheiten im Quartier angepasst werden, ohne vom Ziel der autoreduzierten und nachhaltigen Mobilitätsentwicklung abzuweichen?
- Wie wird das Mobilitätskonzept von der Wohnbevölkerung bewertet? Wie verändern sich das Mobilitätsverhalten und die Einstellungen mit dem Einzug in das Quartier? Worauf sind Veränderungen zurückzuführen? Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus für die zukünftige Entwicklung solcher Mobilitätskonzepte ziehen?
- Welche Strategien und Interessen städtischer und privatwirtschaftlicher Akteure (z. B. Stadtpolitik, -verwaltung, Investoren/Investorinnen, Wohnungsbaugesellschaften, Projektentwickler/-innen) bieten Chancen oder Hindernisse für den Erfolg nachhaltiger Mobilitätskonzepte, die in Neubauquartieren zu einer Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität führen.
- Welche – NaMoLi 1 ergänzenden – Schlussfolgerungen lassen sich für die Übertragbarkeit des Mobilitätskonzepts auf weitere Neubaugebiete in Darmstadt und in andere Städten (Bielefeld Schilling-Gelände, Köln-Mühlheim) ziehen und wie kann es gelingen, nachhaltige Mobilitätskonzepte zum Standard für Neubauquartiere zu machen?
Wie wird vorgegangen?
Die Bearbeitung des Forschungsprojektes erfolgt in enger Zusammenarbeit von Wissenschaft und Praxis sowie unter Einbindung der Wohnbevölkerung durch verschiedene (Beteiligungs-)Formate. Um weitere Erkenntnisse zu den Wirkungen des Mobilitätskonzepts zu gewinnen, werden auch in NaMoLi 2 neue Bewohner/-innen sowie neue Akteure/Akteurinnen (z.B. neue Grundstückseigentümer/-innen / Projektentwickler/-innen) von der Goethe-Universität Frankfurt am Main befragt. Zudem werden die in NaMoLi 1 entwickelte Panelbefragung sowie die intensive Einbindung der Bewohnerschaft mittels verschiedener Formate fortgeführt.
Ergänzend sollen ausgewählte Haushalte über eine Woche ein Tagebuchprotokoll ihrer Aktivitäten und ihres Mobilitätsverhaltens führen, sodass Erkenntnisse über die Alltags- und Freizeitmobilität von unterschiedlichen Bewohnerinnen und Bewohnern über einen längeren Zeitraum gewonnen werden können. Hier sollen auch die alltäglichen Erfahrungen beim Unterwegs sein notiert werden.
Geplant ist zudem, weitere (bauliche) Maßnahmen in der Lincoln-Siedlung voranzutreiben, u.a. die Neugestaltung der als verkehrsberuhigter Bereich geplanten Mahalia-Jackson-Straße sowie die dortige Einführung einer Parkraumbewirtschaftung. Es ist davon auszugehen, dass mit der Umsetzung dieser Maßnahmen auch eine Änderung in der Wahrnehmung des Wohnumfeldes sowie ggf. das Mobilitätsverhalten einhergeht.
Die Erkenntnisse aus den verschiedenen Maßnahmen werden anschließend zusammengeführt und dienen als Evaluation des Mobilitätskonzeptes. Zudem werden daraus Empfehlungen für die Übertragbarkeit auf weitere Quartiere in Darmstadt, Bielefeld und Köln abgeleitet.
Welche Ergebnisse wurden erzielt / Welche Erkenntnisse wurden gewonnen?
Im Rahmen des Projekts NaMoLi 2 konnten mehrere Erkenntnisse gewonnen werden. Zum einen wurde das Reallabor Lincoln-Siedlung durch das Mobilitäts- und Tiefbauamt der Wissenschaftsstadt Darmstadt fortgeführt und im Sinne der Förderung nachhaltiger Mobilität und gesteigerter Aufenthaltsqualität optimiert. Dazu gehörte die partizipative Einbindung der Bewohnendenschaft, beispielsweise durch einen Ideenwettbewerb „Mobilität in Lincoln“, die MobiTour, Radfahrkurse für Anfängerinnen oder auch durch die Nachbarschaftsrunden. Daraus resultierte z. B. die Anbringung weiterer Piktogramme an besonderen Aufmerksamkeitspunkten, um das subjektive Sicherheitsempfinden zu erhöhen. Eine kontinuierliche Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit wurde nicht nur durch die monatliche Lincoln-Info (mit aktuellen Punkten zur Mobilität) gewährleistet, sondern auch durch ein Projektvideo, das für nachhaltige Mobilität sensibilisieren soll, sowie durch die Aktualisierung bestehender Kommunikationsmaterialien (z. B. FAQ zur Pkw-Stellplatzvergabe, Flyer zu Mobilitätsalternativen).
Die quantitativen Befragungswellen der Goethe-Universität aus den Jahren 2021 und 2023 zeigen, dass (i) der Umzug in die Lincoln-Siedlung zu einer geringeren Autonutzung führt, als dies am alten Wohnort der Fall war sowie (ii) die Lincoln-Bewohnenden im Vergleich zu anderen Umzügler*innen Darmstadts weniger Autos besitzen, multimodaler und weniger autoabhängig mobil sind. Somit konnte nachgewiesen werden, dass das Mobilitätskonzept der Lincoln-Siedlung seine sozial-ökologische Wirkung sowohl im Vergleich zum alten Wohnort der Befragten als auch im Vergleich zu umliegenden Stadtteilen entfaltet. Die Mobilitätstagebücherstudie des Planungsbüros StetePlanung bestätigt, dass das Mobilitätskonzept die Unabhängigkeit vom privaten Pkw sowie eine multimodale Verkehrsmittelnutzung der Bewohnenden Lincolns begünstigt. Auch das Fahrrad als Leitverkehrsmittel konnte aus den Mobilitätstagebüchern identifiziert werden, wenngleich autoorientiertes Mobilitätsverhalten teilweise auch in der Lincoln-Siedlung noch zu beobachten ist. Die gewonnenen Erkenntnisse bestätigen die Ergebnissen aus den Vorgängerprojekten und unterstreichen den Leuchtturmcharakter des Quartiers aus der Perspektive der sozial-ökologischen Mobilitätstransformation.
In AP 4 analysierte die ILS Research gGmbH die Strategien und Ziele städtischer und privater Akteure bei der Entwicklung autoreduzierter Quartiere. Die Ergebnisse qualitativer Expert*inneninterviews zeigen, dass im Planungsprozess autoreduzierte und autoorientierte Überzeugungen (engl.: beliefs) aufeinandertreffen. Trotz Widerstand können die autoreduzierten Überzeugungen von Planer*innen jedoch zu innovativen Planungspraktiken führen. Diese bewirken wiederum einen Überzeugungswandel bei Akteur*innen, die den autoreduzierten Planungsansatz zunächst ablehnten. So ergeben sich vier ineinandergreifende Überzeugungsmuster, die den Wandel von autoorientierter zu autoreduzierter Planung prägen: (i) Belief setting, (ii) Belief translation, (iii) Belief persistence und (iv) Belief change.
In AP 5 leitetet das Projekt basierend auf einer intra- und interurbanen Vergleichsanalyse von vier Quartiersentwicklungen in Darmstadt, Bielefeld-Sennestadt und Köln-Mülheim Erkenntnisse zur Übertragbarkeit des Mobilitätskonzeptes der Lincoln-Siedlung ab. Die Analyse von Interviews mit Expert*innen aus allen drei Städten weist darauf hin, dass autoreduzierte Planungsprozesse stark variieren. Dies lässt sich auf ein komplexes Zusammenspiel aus den in AP 4 herausgearbeiteten Überzeugungsmustern und sozio-räumlichen Dimensionen (materiell, institutionell und kulturell) zurückführen. Basierend darauf lassen sich Varianten eines Planungswandels von autoorientiert zu autoreduziert ableiten, die sich in ihrer normativen Ausrichtung und Wirkungsweise unterscheiden: (i) Autoreduzierte Planung als Mission, (ii) Autoreduzierte Planung als Transfer, (iii) Autoreduzierte Planung als Mittel zum Zweck und (iv) Autoreduzierte Planung als Uneindeutigkeit. Aus der Analyse folgt, dass beim Transfer des autoreduzierten Ansatzes der Planungsprozess und die Umsetzung des Mobilitätskonzeptes an den lokal spezifischen Voraussetzungen auszurichten sind. Eine projektinterne Exkursion von Akteur*innen aus Bielefeld und Köln zu den Darmstädter Fallbeispielen sowie eine praxisorientierte Fachveranstaltung und die Projektabschlusskonferenz unterstützten den Transfer der Forschungsergebnisse in die Fachöffentlichkeit.
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Kontakt
Sie haben Fragen oder möchten mehr zu den Projekten wissen? Dann wenden Sie sich bitte an die folgenden Ansprechpartnerinnen:
Gisela Stete
StetePlanung
Sandbergstraße 65
64285 Darmstadt
E-Mail: kontakt@steteplanung.de
Telefon: +49 (0)6151 65233
Hanna Wagener
Mobilitäts- und Tiefbauamt Darmstadt
Abteilung Mobilität
Mina-Rees-Straße 8-10
64295 Darmstadt
E-Mail: moma.lincoln@darmstadt.de
Telefon: +49 (0)6151 13 2809