Was ist QuartierMobil 2?
QuartierMobil 2 ist die Fortsetzung des Förderprojekts QuartierMobil 1 (Persistenz und Dynamik urbaner Mobilität), das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „Umsetzung der Leitinitiative Zukunftsstadt“ bereits 2017 auf den Weg gebracht wurde. Hier sollen die in QuartierMobil 1 gewonnene Erkenntnisse auf weitere Stadtquartiere / Bestands-quartiere übertragen und weiteres Wissen im Hinblick auf die Entwicklung von Strategien insbesondere zur Zukunft des städtischen Parkens sowie zu multimodalen Verkehrsangeboten generiert werden. Aus dem „Reallabor Lincoln-Siedlung“ wurde das „Reallabor Darmstadt“.
Das Projekt lief vom 01.05.2021 bis zum 30.04.2023.



FKZ: 01UR2102B
Wer ist beteiligt?
QuartierMobil 2 wurde – wie bereits das Förderprojekt QuartierMobil 1 – in Kooperation zwischen der Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Humangeographie (Projektkoordination) und dem Mobilitätsamt der Wissenschaftsstadt Darmstadt – unterstützt vom Büro StetePlanung – durchgeführt.
Die Stadt Frankfurt am Main war als assoziierter Partner am Projekt beteiligt.
Was sollte erreicht werden?
Der ruhende Verkehr, der die städtebaulichen und alltagspraktischen Qualitäten in Quartieren durch seinen hohen Flächenbedarf im öffentlichen Raum einschränkt, stellt ein wesentliches Hindernis zur sozial-ökologischen Transformation von Mobilität dar. Darunter leiden insbesondere Menschen, die sich ohne Auto in der Stadt bewegen, z.B. Kinder, Jugendliche und Mobilitätseingeschränkte. Das Thema Parken ist oftmals emotional besetzt und umstritten, wodurch kommunale Maßnahmen zur Rückgewinnung von Flächen im öffentlichen Raum und Umgestaltung von Verkehrsflächen in einem Quartier im Sinne einer Transformation zu nachhaltiger Mobilität erschwert werden.
Auf der Grundlage der Erfahrungen im „Reallabor Lincoln-Siedlung“ und unter Einbezug relevanter kommunaler Schlüsselakteure zielt das „Reallabor Darmstadt“ auf die Entwicklung und Umsetzung einer gesamtstädtischen Strategie zur Verwirklichung der Transformation urbaner Mobilität ab. Der Fokus soll dabei auf einem nachhaltigen Umgang mit dem ruhenden Verkehr (z.B. über den Einsatz des Instruments Parkraumbewirtschaftung) sowie auf der erweiterten Bereitstellung multimodaler Mobilitätsdienstleistungen (Push- und Pull-Prinzip) liegen, welche die Unabhängigkeit vom eigenen Auto fördern.
Die wissenschaftlichen und planungspraktischen Ziele von QuartierMobil 2 umfassten folgende Fragestellungen:
• Welche Erkenntnisse und Maßnahmen zur Gestaltung des ruhenden Verkehrs können aus der ersten Förderphase auf weitere Bestands- und Neubauquartiere in Darmstadt übertragen werden?
• Inwiefern sollten multimodale Angebote bzw. Dienstleistungen in diese eingebunden werden und welche Schlussfolgerungen lassen sich für die Transformation des urbanen Parkens aus gesamtstädtischer Perspektive ziehen?
• Wie werden diese Ansätze von den relevanten Akteuren (z.B. lokale Bevölkerung, kommunale Stakeholder, Wohnungsbaugesellschaften, Gewerbetreibende usw.) aufgenommen und welche Hemmnisse und Chancen zur Umsetzung gibt es?
• Welche Wirkungen sind zu erwarten, insbesondere wenn auch sozial-räumliche Unterschiede hinsichtlich der Wahrnehmung von Problemlagen und Lösungsmöglich-keiten in Betracht gezogen werden?
Das Projekt zielt auf die Förderung einer sozial-gerechten Gestaltung der Umwelt- und Lebensqualität in den Städten ab und zeigt auf, wie Innovations- und Umsetzungshemmnisse überwunden werden können.
Wie wurde vorgegangen?
In einem ersten Schritt wurden alle Darmstädter Stadtquartiere im Hinblick auf den Umsetzungs-stand der Parkraumbewirtschaftung geprüft. Dabei wurde zwischen 4 Quartierstypen unterschieden:
Typ 1: Parkraumbewirtschaftungskonzept ist bereits umgesetzt.
Typ 2: Konzept zur Parkraumbewirtschaftung liegt vor, eine Umsetzung ist noch nicht erfolgt.
Typ 3: Es ist noch kein Konzept entwickelt, das Quartier ist dicht bebaut, eher Innenstadtnah gelegen,
mit hohem Parkdruck.
Typ 4: Es ist noch kein Konzept entwickelt, das Quartier ist eher locker bebaut mit hoher Anforderung
an Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum.
Vor dem Hintergrund dieser Typisierung wurden für jeden Typ je zwei Quartiere für eine nähere Betrachtung ausgewählt und eigene Profile mit wichtigen soziodemografischen sowie stadt- und verkehrsstrukturellen Kennwerten erstellt. Auf Grundlage der acht quartierbezogenen Profile wurden im nächsten Schritt in vier ausgewählten Quartieren (Bessungen Nord, Postsiedlung, Eberstadt, Johannesviertel) eine vertiefte Diskussion mit den ansässigen Bürgerinnen und Bürgern sowie weiterer lokaler Akteure (z.B. Einzelhandel, große Arbeitsgeber) im Rahmen von Workshops geführt. Die Workshops wurden als Abendveranstaltungen durchgeführt, begleitet von einer intensiven Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit. Ziel der Workshops war es, zum einen für die Notwendigkeit einer gerechten Aufteilung der Flächen im öffentlichen Raum zu sensibilisieren und zum andern Anregungen aus der Bürgerschaft zum Thema Parken aufzunehmen, wie eine Transformation gelingen kann und wie Hemmnisse abgebaut werden können. Dabei wurden u.a. Maßnahmen diskutiert, die eine Reduzierung des Parkens im öffentlichen Straßenraum zum Ziel haben, um beispielsweise Gehwegparken zu unterbinden (und damit ausreichend breite Wege anbieten zu können) oder Parkplätze mit anderen stadtverträglicheren Nutzungen (z.B. Mobilitätsstationen, Aufenthaltsflächen) belegen zu können.
Projektbegleitend wurde seitens der Wissenschaftsstadt Darmstadt eine Steuerungsgruppe „Urbane Mobilität“ eingerichtet, die – auf der Grundlage der Projekterkenntnisse – eine Perspektive zur Transformation urbaner Mobilität für die Stadt Darmstadt entwickeln soll. Die Steuerungsgruppe war in die Auswahl der vier Quartiere eingebunden und hat sich mit verschiedenen ergänzenden Hinweisen eingebracht. Des Weiteren war sie in die Entwicklung von Maßnahmen eingebunden. Alle Maßnahmen wurden einer abschließenden Wirkungsanalyse unterzogen und daraus Schlüsselmaßnahmen abgeleitet, unter deren Einsatz besonders wirksam die Transformation in Quartieren unterstützt werden kann.
Durch die Goethe Universität Frankfurt am Main wurde in den vier zur vertiefenden Untersuchung ausgewählten Quartieren eine repräsentative Akzeptanzbefragung durchgeführt, in welcher Meinungen und Einstellungen zu kommunalen Maßnahmen des Parkraummanagements ermittelt wurden.
Die Erkenntnisse beider Bausteine (Workshops und Befragungen) wurden abschließend zusammengeführt, die Interventionen hinsichtlich ihrer Wirkung bewertet und Handlungsempfehlungen für den Umgang mit dem ruhenden Verkehr sowie begleitenden Mobilitätsangeboten formuliert und in die Strategie zur Transformation urbaner Mobilität der Wissenschaftsstadt Darmstadt aufgenommen.





Welche Ergebnisse wurden erzielt / Welche Erkenntnisse wurden gewonnen?
Das Projekt QuartierMobil 2 hat gezeigt, dass eine Transformation in Bestandsquartiere mit vergleichsweise einfachen stadt- und verkehrsplanerischen Maßnahmen möglich ist, wenngleich die finanziellen und personellen Ressourcen seitens der Stadt zu Verfügung stehen müssen. Aus der Bewertung und dem Vergleich der Wirkungspotenziale konnten sieben Schlüsselmaßnahmen identifiziert werden, die für eine Transformation von Bestandsquartieren besonders bedeutsam sind: (1) Fahrradabstellanlagen im öffentlichen Straßenraum, (2) systematisches Regeln von Parken im Straßenraum, (3) flächendeckende Sharing-Angebote, (4) Umverteilung von Flächen für Nahmobilität, (5) verbesserte Radwege auf Hauptachsen, (6) Mobilitätsstationen zur Bündelung von bspw. multimodalen Mobilitätsangeboten sowie (7) die Verbesserung von Sichtverhältnissen an Kreuzungen und Einmündungen.
Hinsichtlich der Bereitschaft der Teilnehmenden an der Befragung bzw. an den Workshops zur Umgestaltung des Verkehrsraums hat sich gezeigt, dass die räumliche Lage der untersuchten Bestandsquartiere mit sehr unterschiedlichen Problemlagen und entsprechenden Haltungen einhergeht. Während das Johannesviertel als innerstädtischem Wohnquartier unter hohem Parkdruck leidet und der vorhandene öffentliche Raum von einer Vielfalt von möglichen alternativen Nutzungen umkämpft ist, es aber auch vielfältige Alternativen zum privaten Pkw gibt und Maßnahmen wie Anwohnerparkausweise oder Parkgebühren bereits seit längerer Zeit bekannt sind, haben nicht-innerstädtische Bestandsviertel wie z.B. Eberstadt andere Voraussetzungen. So sind dort in der Regel der Parkdruck und die Flächenkonkurrenz mit anderen Nutzungen geringer, es gibt einen hohen Anteil von Haushalten mit privaten Pkw und weniger attraktive Alternativen dazu. Zudem werden Maßnahmen des Parkraummanagements dort bislang kaum eingesetzt, was dazu geführt hat, dass die Bevölkerung in diesen nicht-innerstädtischen Bestandsquartieren Maßnahmen des Parkraummanagements grundsätzlich skeptischer gegenübersteht, so dass von Seiten der Planung sehr genau geprüft werden muss, mit welchen Argumentationen Transformationen in diesen Gebieten gerechtfertigt werden können und möglich sind.
Die Befragungsergebnisse zur Akzeptanz von Maßnahmen durch die Goethe-Universität Frankfurt haben gezeigt, dass zwar grundsätzlich die Bereitschaft der Bevölkerung zur Unterstützung von Maßnahmen zur Veränderung des öffentlichen Verkehrs- und Parkraums deutlich höher ist als dies häufig in öffentlichen Diskussionen oder in Medien erscheint, allerdings gibt es auch Maßnahmen, denen zuerst einmal sehr skeptisch begegnet wird (z. B. Wegfall oder Verteuerung von Parkplätzen). Eine große Zustimmung zu solchen Maßnahmen lässt sich gewinnen, wenn sie als sinnvoll wahrgenommen werden, z. B. indem damit überzeugend übergeordnete Ziele verfolgt werden (z. B. weniger Pkw-Verkehr, mehr Klimaschutz). Des Weiteren wurde erneut die Bedeutung von Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit deutlich, um z.B. frühzeitig Widerständen und lokalen Initiativen gegen geplante Maßnahmen entgegenzuwirken.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Projektziel erreicht und Erkenntnisse zur Gestaltung insbesondere des ruhenden Verkehrs in Bestandsquartieren gewonnen und Maßnahmen identifiziert werden konnten, die von der Bürgerschaft mitgetragen werden, wenn attraktive Mobilitätsangebote und -dienstleistungen zur Verfügung stehen, die die Reduzierung von Autobesitz unterstützen und Ansprüche auf Parken im öffentlichen Straßenraum vermindern. Das Instrument Parkraumbewirtschaftung wurde dabei als geeignetes Instrument bestätigt.
Die Wissenschaftsstadt Darmstadt hat nach Projektabschluss angefangen die identifizierten Schlüsselmaßnahmen in der Umsetzung voranzutreiben. So konnten beispielsweise neben dem in der Umsetzung befindlichen Projekt „Quartierweites Fahrradparken“ auch neue Carsharing-Standorte ausgeschrieben werden.

Kontakt
Sie haben Fragen oder möchten mehr zu den Projekten wissen? Dann wenden Sie sich bitte an die folgenden Ansprechpartnerinnen:
Gisela Stete
StetePlanung I INOVAPLAN
Sandbergstraße 65
64285 Darmstadt
E-Mail: gisela.stete@inovaplan.de
Telefon: +49 (0)6151 65233
Hanna Wagener
Mobilitäts- und Tiefbauamt Darmstadt
Abteilung Mobilität
Mina-Rees-Straße 8-10
64295 Darmstadt
E-Mail: moma.lincoln@darmstadt.de
Telefon: +49 (0)6151 13 2809



















